Giacomo Casanova – 1725

Giacomo Girolamo Casanova

Casanova erblickt am 2. April 1725 in Venedig das Licht der Welt. In einem barocken Lehnstuhl haucht er am 4. Juni 1798 auf Schloss Dux im Königreich Böhmen seinen letzten Atemzug aus. Er war ein venezianischer Schriftsteller, Frauenverehrer, Rechtsanwalt, Glücksspieler, Philosoph, Abbé und Abenteurer der Barock- und Rokokozeit.

Giacomo Girolamo Casanova im Alter von rund 25 Jahren
Giacomo Casanova, um 1750 von seinem Bruder Francesco Casanova porträtiert

Original im Staatlichen Historischen Museum in Moskau
(Quelle: wikipedia.de/Adriano C.)

Auf Bitten seiner Großmutter beschloss Giacomo, eine kirchliche Laufbahn als Priester einzuschlagen, was ihm auch ein Studium ermöglichte. Mit 17 Jahren erwarb er am 28. November 1742 an der edlen Universität zu Padua den Doktorgrad beider Rechte (Doctor iuris utriusque (Dr. iur. utr.)), das heißt des weltlichen und des kanonischen Rechts. Drei Jahre nach dem Erhalt der vier niederen Weihen gab er den kirchlichen Beruf auf und versuchte sich als Musiker und Diplomat. Zwischen 1743 und 1745 ist sein Lebenslauf nur lückenhaft bekannt, weil er diesen Zeitraum in seiner Lebensgeschichte auslässt.

 Casanova lernt in Rom Papst Benedikt XIV. kennen.  

Päpstlicher Orden der „Ritter des goldenen Sporns“
Päpstlicher Orden der „Ritter des goldenen Sporns“

Scan aus einem Ordensbuch der Erzbischöflichen Diözesan- und Dombibliothek Köln, gemeinfrei 

Als Dank für amüsante Plaudereien erlaubte ihm dieser, verbotene Bücher zu lesen. Papst Clemens XIII. ernannte ihn im Dezember 1760  zum „Apostolischen Protonotar extra urbem“ und zum „Ritter des goldenen Sporns“. Daraus leitete Casanova das Recht ab, sich Cavaliere (Ritter) nennen zu lassen. In Frankreich trat er dann als Chevalier auf, was einem französischen Adelstitel entsprach, den normalerweise der König von Frankreich verleiht.

Casanovas Bücher – Zweimal Weltliteratur

1787 beendete er die Niederschrift der Histoire de ma fuite („Geschichte meiner Flucht“). Hier beschreibt er die Hintergründe seiner Inhaftierung am 26. Juli 1755 in Venedig und seiner Flucht aus den „Bleikammern“ des Dogen-Palastes.

Weltbekannt wurde er aber durch die Schilderungen seiner zahlreichen Liebschaften in seinem Hauptwerk  mit dem Titel Histoire de ma vie („Geschichte meines Lebens“), das zur Weltliteratur zählt und in mehr als zwanzig Sprachen übersetzt wurde. Sein aufgeschriebenes Leben beginnt er mit seiner Geburt und Abstammung und endet mit seinem 49. Lebensjahr im Jahr 1774. Sein Leben von 1775 bis zu seinem Lebensende war ihm wohl nicht wert, es aufzuschreiben.

„Nachdem er 1793 eine erste Fassung beendet hatte, widmete er sich bis zu seinem Tod am 4. Juni 1798 in Dux der Überarbeitung des Textes“ (vgl. Carina Lehnen in „Das Lob des Verführers“, 1995, S. 21 f).

Bedeutung der Memoiren

Seine Memoiren sind vor allem kulturhistorisch interessant, weil er nicht scheut, seine „Erfahrungen mit den Frauen“ sehr deutlich darzustellen. Er erwähnt die Mätresse neben der Marquise und neben der Magd. Insgesamt gedenkt er 116 Liebschaften in seiner Lebengeschichte, die er ab 1785 im Schloss des Grafen Waldstein in Dux schreibt. Insgesamt ist davon auszugehen, dass die wirkliche Zahl an Liebschaften wesentlich höher lag. Seine Reisen führen ihn nach Korfu, durch die Schweiz, Frankreich, Spanien, England, Deutschland, Österreich, die Niederlande, Polen, das heutige Tschechien und Russland.  Er kam in Kontakt mit bedeutenden Zeitgenossen aus Politik, Kunst und Wissenschaft.  Vielen dieser Persönlichkeiten gedenkt er in seiner Lebensbeschreibung.

Der Schriftsteller Hermann Kesten (1900-1996) stellte in seinem Buch „Die Lust am Leben“ 1968 fest: „Das ganze 18. Jahrhundert tummelt sich in seinen Memoiren und lacht, und räsoniert, und hurt, in keinem anderen Buch ist es so lebendig, so deutlich, so zum Riechen, Fühlen, Schmecken nah.“

Manuskript von Casanovas Memoiren

Das Manuskript der Memoiren vererbte Casanova seinem Neffen Carlo Angiolini, der es 1820 dem Verlag F. A. Brockhaus in Leipzig anbot und schließlich 1821 verkaufte.

m Auftrag des Verlags übersetzte Wilhelm von Schütz das französische Original ins Deutsche. Bereits Ende des Jahres 1821 wurde der erste Band in deutscher Sprache veröffentlicht: Aus den Memoiren des Venetianers Jacob Casanova de Seingalt, oder sein Leben, wie er es zu Dux in Böhmen niederschrieb. Nach dem Original-Manuscript bearbeitet von Wilhelm Schütz. Weil dieser Band reißenden Absatz fand, gab der Verlag zwischen 1822 und 1828 eine zwölfbändige, gereinigte Ausgabe heraus, d.h. die erotischen Texte und Erläuterungen blieben weg.

Der Originaltext der Memoiren wurde erst 1960 erstmals durch den Verlag F. A. Brockhaus (Wiesbaden) veröffentlicht. Diese zwölfbändige Ausgabe wurde 1962 abgeschlossen und 1985 in 6 Bänden nachgedruckt. Von Günter und Barbara Albrecht kommentiert gab es 1992 (Verlagsort Leipzig) eine neue Auflage.

Erneuter Verkauf von Casanovas Memoiren-Manuskripts

Im Februar 2010 wurde das Manuskript vom französischen Staat für 7,2 Millionen Euro erworben. Das ist gleichzeitig der höchste jemals für ein Manuskript erzielte Preis. Unter der Leitung von Gérard Lahouati und Marie-Françoise Luna erschien von 2013 bis 2015 in Kooperation mit Furio Luccichenti, Alexandre Stroev und Helmut Watzlawik eine Neuedition in drei Bänden. Herausgeber ist der Verlag Éditions Gallimard in Paris.

Was versteht man heute unter einem „Casanova“?

Schon im 19. Jahrhundert tauchte die Figur „Casanova“ in künstlerischen Werken auf. Selbst W. A. Mozart verarbeitet im „Don Giovanni“ Elemente aus Casanovas Leben.

Als Herzensbrecher bezeichnet man heutzutage einen (jungen) Mann, der eine andere Person durch seine Reize und durch Schmeicheleien in sich verliebt macht, obwohl er keine ernsthaften Absichten hegt, sondern nur ein Liebesabenteuer, einen Flirt oder Ähnliches beabsichtigt. Späteren Kummer oder Herzeleid interessiert einen „Casanova“ oder „Playboy“ nicht.

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